Der Rechtsweg

Mein Weg zur Namens- und Personenstandsänderung

Im April 1997 stellte ich beim Amtsgericht Köln den Antrag auf Namensänderung nach dem TSG. Die erste Anhörung hatte ich dann Anfang Juli 97, nach einer Vorauszahlung der Gerichtskosten in Höhe von 111,-- DM. Jawohl es war noch unsere gute alte D-Mark (tiefe Trauer).  Der Richter, Becker, machte einen recht freundlichen und verständnisvollen Eindruck. Oh, wie sollte ich mich doch täuschen. Ich hätte zu diesem Zeitpunkt nicht geglaubt, dass mich jemand an den Rand des Suizides bringen kann. Aber er schaffte es, doch dazu später mehr. In dieser Anhörung wurde dann bestimmt, das 2 Gutachter, wie es auch das Gesetz vorschreibt, beauftragt werden. Es wurde mir damals gesagt das der Beschluss mir innerhalb von 4-6 Wochen zugeht. Aber das war wohl nichts. Dieser Beweisbeschluss kam dann Ende September bei mir an.

Ende November kam dann endlich ein Schreiben des Gerichtes, datiert auf den 5.11.97! mit den Gutachteraufträgen. Einer der Gutachter

erlastung ab. Der Gutachter und ich teilten dem Gericht dieses auch umgehend mit. Das Gericht benannte einen neuen Gutachter. Dieses Schreiben erreichte mich dann Mitte Januar. Einer der Gutachter war der Arzt der die Hormone verschrieb.

Zur Begutachtung war ich bei ihm gar nicht mehr drin. Er schrieb das Gutachten aufgrund der Gespräche die wir geführt hatten und auf ihm vorliegenden Unterlagen meines Therapeuten. Obwohl mein Therapeut ihm gesagt hatte das er nicht mit der Verwendung der Unterlagen einverstanden sei. Diese Gutachten lag dem Gericht dann im März 98 vor. Das zweite Gutachten erreichte das Gericht im Juli 98, fast 5 Monate nachdem ich den letzen Termin bei dem Gutachter hatte.

Ich war mit denen in Gutachten genannten Zeiträumen nicht einverstanden. Man muss laut TSG sich 3 Jahre dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen und das tat ich schon mein ganzes Leben. Die Gutachter sind jedoch beide vom Zeitpunkt des Alltagstest (Erklärung siehe unten) ausgegangen. Das hieß ich musste auf die Namensänderung noch bis Ende 1999 warten. Die Gutachter waren noch nicht einmal vom Zeitpunkt meines Coming Out's ausgegangen. Mein Tipp bevor ihr zu einem Gutachter geht fragt Leute die es schon hinter sich haben worauf ihr bei den Gesprächen achten solltet.

Im Oktober 98 kam es deswegen noch einmal zu einer Anhörung und der Richter sagte dann das die weitere Vorgehensweise so sein würde das er sich wegen den Zeiten nochmals mit den Gutachtern in Verbindung setzen würde. Dieser elende Lügner!

Im November hatte ich dann meine ersten Geschlechtsangleichenden Operationen und stellte dann noch den Antrag auf Personenstandsänderung. Im März 99 kam es dann erneut zu einer Anhörung. Bei dieser Anhörung hatte Becker noch nicht einmal die Akte dabei. Ich fragte ihn was die Gutachter zu den Zeiten  gesagt hätten. Er sagte sie seien nicht bereit diese zu ändern. Am gleichen Tag schickte ich an meinen behandelnden Endokrinologen ein Fax das ich mich aufgrund der Aussage des Richters nicht mehr in seine Behandlung begebe. Abends kam ein Anruf von ihm und ich sagte ihm nochmals was der Richter mir gesagt hatte. Er war ziemlich überrascht denn er ist weder vom Richter angerufen oder angeschrieben worden. In diesem Moment kam ein unbändiger Hass auf diesen Becker auf. Einer der das Gesetz vertritt kann lügen wie er will und wird nicht zur Rechenschaft gezogen. Und solche Leute vertreten das Gesetz. Und das auch noch heute (ich drück allen die Daumen das er bald in Rente geht).

Dann wurden 2 weitere Gutachter bestimmt die über die Personenstandsänderung ihrer Meinung loslassen sollten. Es waren die gleichen die auch die anderen Gutachten geschrieben hatten. Ich lehnte die zwei Gutachter ab. Becker wusste dass ich aufgrund der erstellten Gutachten nicht mehr gut auf die zwei zu sprechen war. Einer der Gutachter hatte schon in seinem Gutachten geschrieben das er auch die Personenstandsänderung befürwortet, wenn die entsprechenden Operationen gemacht worden sind. Aber das interessierte Becker gar nicht.

Daraufhin reichte ich im August 99 eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Becker ein. Ende August schaltete ich dann einen Anwalt ein, weil ich mittlerweile einfach psychisch ziemlich am Ende war und mich entlasten musste. Mittlerweile hat auch mein Chef an das Amtsgericht einen Brief geschrieben und darauf hingewiesen das sich erhebliche Probleme für die Firma ergeben. Aber darauf hat er gar nicht reagiert.

Mein Anwalt zog die Dienstaufsichtsbeschwerde dann zurück, um überhaupt an die Akte zu gelangen. Das war dann gut 5 Wochen nicht möglich, da der Richter in Urlaub war und die Akten irgendwo verschlossen hatte.

Endlich hatte ich am 11. Januar 2000 meine Namensänderung in der Hand und dachte, da mittlerweile auch die Gutachten zur Personenstandsänderung und auch eine Bescheinigung meines Operateurs vorlagen, dass dieser Beschluss mir auch bald zugehen würde. Aber weit gefehlt.

Im Februar 2000 hatte ich eine Korrektur-Operation und rief meinen Anwalt aus dem Krankenhaus aus an, und fragte nach ob der Beschluss denn endlich vorliegt. Dann kam der Schock. Becker forderte auf einmal eine weitere Operation (Scheidenverschluss), die bereits durch das OLG München als sehr Risikoreich und auch für einen evtl. späteren Penoidaufbau als hinderlich , für nicht zumutbar beurteilt wurde, und von daher für die Personenstandsänderung nicht erforderlich ist. Vor allem hatte er bis Dezember 99 anderen Transmännern, ohne weitere Operationen die Personenstandsänderung noch gegeben. Für mich brach eine Welt zusammen. Wie ihr aus den Op-Berichten auf der Homepage erkennen könnt bin ich eh ein Risiko-Patient. Herr Dr. Kampmann schrieb dem Gericht sofort das man gerade bei mir nicht auf weiteren Operationen bestehen kann, da das Risiko viel zu hoch ist.

Herr Becker beauftragte daraufhin eine Frau Dr. Barley als Gutachterin. Ich legte Widerspruch gegen eine weitere Begutachtung ein, denn es lagen ja alle erforderlichen Gutachten vor. Mittlerweile war ich soweit das ich fest entschlossen war mir das Leben zu nehmen, denn das ganze Verfahren war nur noch reine Schikane. Selbst mein Anwalt meinte das er sich wohl nur Rächen wollte für die Dienstaufsichtsbeschwerde und das alles Schikane sei. Wir aber nichts machen könnten, weil er sich im gesetzlichen Rahmen bewege. Oh ja auf einmal kannte Becker die Gesetze wieder.

Ich sprach meine Suizidgedanken auch offen auf der Mailingliste des Transmann e.V. aus. Jemand informierte daraufhin hier in Köln eine Sozialarbeiterin der Stadt. Diese Frau rief bei Becker an und fragte ihn nach meinem behandelnden Arzt. Sie erklärte Becker dann, dass ich Suizid begehen wolle aufgrund des Verfahrensverlaufs. Und er hat tatsächlich den Namen meines Arztes raus gegeben. Die Frau rief dann auch bei meinem Anwalt an, der sich wiederum bei mir meldete. Ich war tierisch sauer das Becker einfach persönliche Daten  von mir preisgegeben hatte. So was nennt man dann Datenschutz? Ich muss dazu auch sagen, dass ich mit der Frau dann telefoniert habe und sie war wirklich nett. Aber ich habe ihr auch gesagt dass sie sich bitte aus meinen Entscheidungen raushalten solle. Aber das Telefonat hat wohl Becker aufgeweckt, denn auf einmal wollte er nur noch eine Stellungnahme von der Gutachterin, also kein Gutachten mehr. Das nahm mir etwas den Druck und entspannte meine persönliche Situation minimal. Aber immerhin konnte ich dadurch doch weiterleben.

Endlich, Ende August 2000 hatte ich den Beschluss über die Personenstandsänderung in der Hand.

 

Erklärung Alltagstest: Der Alltagstest ist eigentlich nur das Leben was man in der gewünschten Geschlechterrolle lebt. Er dient dazu für sich raus zu finden ob es wirklich das ist was man will. Dazu noch folgendes: Die Gerichte und Gutachter fordern diesen Alltagstest, aber legen uns jede Menge Steine in den Weg. Zwei Beispiele: Ich habe mit meiner EC-Karte in einem  laden bezahlt und musste auch meinen Personalausweis vorlegen, nur das mein Aussehen natürlich nicht mehr mit dem Personalien übereinstimmen konnte, denn ich hatte schon meine kleinen süßen Schnäuzer (grins). Da ich wegen diesen Unterschieden bereits einmal eine Stunde in einer Polizeikontrolle gehangen habe (kein Vorwurf an die Beamten, die nichts dafür konnten), hatte ich mir vom Gericht eine Bescheinigung zusenden lassen, das ich den Antrag auf Namensänderung gestellt hatte. Diese zeigte ich dann der ziemlich verdutzten Verkäuferin. Und es gab noch einige andere peinliche Situationen. Diese zwangsweisen Coming Out's habe ich wie die Pest gehasst.