10-Jahresrückblick

Rückblick auf die letzten 10 Jahre 1997 - 2007

Nun ist es 10 Jahre her, das ich mir die Gedanken machen musste, wie mein Leben weitergehen soll. Nach meine letzten Suizidversuch im Januar 1996 und der Entlassung aus der Psychiatrie im März 1996, musste ich mein Leben endlich in den Griff bekommen. Mir war klar, das ich den nächsten Suizidversuch nicht überleben würde. Nach weiteren Monaten der Unklarheit, was es ist was mich so quält, kam endlich Ende August 1996 der Augenblick an dem ich erkennen musste das ich ein Mann bin und keine Frau.

Wie waren die letzten Jahre?  Was ist aus meinen Erwartungen und Wünschen geworden? Was habe ich verarbeitet, was nicht? Wie habe ich mich verändert?

Was ist von meinen Erwartungen und Wünschen in Erfüllung gegangen?

Ich hatte nicht viele Erwartungen, ich wollte endlich Leben und so akzeptiert werden wie ich bin. Dieses Ziel habe ich erreicht. Mein Umfeld akzeptiert mich so wie ich bin, als Mann mit all seinen Vor- und Nachteilen, und vor allem als Menschen .

Meinen Körper sollte der eines Mannes sein, so das meine Seele und mein Körper Frieden miteinander schließen. Das zu erreichen ist mir zu einem großen Teil gelungen, aber es ist nur ein teilweiser Frieden geschlossen. Vielleicht bekomme ich irgendwann auch für den Rest den Friedensvertrag zusammen.

Mein Leben ist seit April 2003 etwas aus den Fugen geraten und es hat einige Zeit gedauert bis ich mich den neuen Gegebenheiten stellen konnte. Bei mir wurde ein Hauttumor entfernt und mein Vater bekam Lungenkrebs und ist im August 2003 gestorben, meine berufliche Situation hat sich geändert und ich hatte keine Ahnung wie ich mein Leben weiter gestalten wollte. Es kamen gesundheitliche Probleme dazu und mein neuer Job war auch ein Fehlgriff.

Ich wollte ein Leistungsfähiges Mitglied der Gesellschaft werden. Hier muss ich leider erkennen, das dem nicht so ist. Durch die Op's habe ich dauerhafte körperliche Probleme, bin nun Erwerbsunfähig und beziehe eine Rente.  Sicher spielen auch andere gesundheitliche Probleme da mit rein, aber ein Großteil ist auf die Operationen zurück zu führen.

Weiter hatte ich die Hoffnung das sich mein Selbstwertgefühl steigert, und das hat es auch getan. Hier sind meine Erwartungen weit übertroffen worden.

Einen Teil meiner Jugend nach zu holen war mein größter Wunsch. Ich habe sehr gute Freunde die mir dabei geholfen haben. Die einfach vieles mit mir zusammen gemacht haben. Da mir klar war, das ich nicht alles nachholen kann, sind mir meine Wünsche erfüllt worden.

Der Wunsch nach einer festen Beziehung, kam mit der Zeit hinzu. Es ist mir noch nicht gelungen diesen Wunsch zu realisieren.

Wie habe ich den Weg verarbeitet?

Zu diesem Punkt sind meine Gefühle sehr aufgewühlt, denn durch den Weg ist noch mehr hinzugekommen, als das ich irgendetwas verarbeiten konnte.

Das ich ein Transgender bin habe ich sofort akzeptiert, von daher gab es da, nach meinem Coming Out, auch keine Probleme für mich. Aber auf dem Weg begegnen einem so viele Probleme und Schikanen. Wie gehe ich damit heute um, wie sehr beeinflussen mich diese Sachen noch heute?

Was mir als erstes einfällt, ist das seit dem mein Rechtsgefühl und das Vertrauen in die deutsche Gerichtsbarkeit schwer gestört ist. Auch gegenüber Gutachtern habe ich meine Probleme. Die durch das Gericht beauftragten Gutachter, haben es geschafft, das ich nur noch Horror vor Gutachtern habe, das ich jedem Gutachter direkt misstraue.

Welche Veränderungen sind in mir vorgegangen?

Mein Selbstbewusstsein hat sich enorm gesteigert, ich kann endlich zu mir stehen. Dadurch ist auch eine Reifeprozess ausgelöst worden. Irgendwie war ich auf der Reife von 15-16 Jahren stehen geblieben. Ich wollte nicht älter werden. Heute merke ich, das ich Verantwortung übernehmen kann, vor allem für mich selber. Ich merke das ich von anderen gemocht werde, und das kann ich auch annehmen, auch wenn es mir manchmal noch schwer fällt. Heute habe nicht immer das Gefühl angegriffen zu werden und bin viel kritikfähiger geworden.

Ich bin sachlicher geworden und reagiere nicht mehr so extrem gefühlsbetont.  Allerdings hat sich ein Großteil meiner Impulsivität gehalten. Ich fahr zwar nicht mehr so schnell aus der Haut, aber das passiert immer noch recht häufig.

Resümee:

Oft denke ich darüber nach ob ich den Weg trotz der negativen Folgen wieder gehen würde. Da die positiven Seiten meines heutigen Lebens eindeutig überwiegen, fällt meine Antwort für mich ganz deutlich aus: JA.

Ich weiß, das ich noch einiges an Arbeit vor mir habe, um wirklich entspannter Leben zu können und auch auf mein Leben zurückblicken kann, ohne das soviel Hass und Wut dabei ist.

 

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